«Es ist nicht einfach… aber machbar»: Eindrücke von der Filmpremiere «Leben mit Hindernissen»

Manchmal braucht es nur 51 Minuten Film, um eine Welt sichtbar zu machen, die vielen verborgen bleibt. «Leben mit Hindernissen» von Dieter Gränicher ist so ein Film. Still, einfühlsam, aber mit Kraft und Klarheit. Ein Film, der bewegt – und nachwirkt.

Im Zentrum stehen die 17-jährigen Zwillingsbrüder Julian und Marius Moser, beide mit zerebraler Lähmung. Ihre Körper sind eingeschränkt – ihre Gedanken, Träume und ihr Wille nicht. Bereits vor neun Jahren hat ein Filmteam sie begleitet, als sie als Kinder in eine Regelschule kamen. Nun stehen sie am Übergang ins Erwachsenenleben – mit neuen Fragen: Wo möchte ich wohnen? Was kann ich arbeiten? Wie gelingt Selbstständigkeit trotz Hilfsbedarf?

In stillen, ehrlichen Momenten erzählen sie von Alltag und Anstrengung, von Mut und Müdigkeit. Von Technik, die unterstützt. Von Supportern, die begleiten. Und vom Wunsch, nicht ständig zu erklären, sondern einfach dazuzugehören.

Marius sagt: «Ich schaffe es immer wieder, mich aufzuraffen.» Und: «Man findet eine Lösung. Es ist nicht einfach… aber es ist machbar.» Julian ergänzt: «Vielleicht sollte mal jemand ‹Normales› mit mir tauschen – für vier Wochen.» Eine Einladung zum Perspektivwechsel, die sitzt.

Ihre Erfahrungen werden gespiegelt durch Cornelia Nater. 66 Jahre alt, Künstlerin, Aktivistin, tiefsinnig und humorvoll. Auch sie lebt mit einer körperlichen Beeinträchtigung – und einem beeindruckenden Lebensmut. «Ich will mein Leben in alle Richtungen ausprobieren», sagt sie und hebt die Hand. Ihre unterschiedlich geformten Finger, stehen für ein Leben, dass sich nie auf einen Weg festlegen liess. Ein starkes Bild.

Sie spricht über Liebe, Verlust, Kunst, Würde – und erinnert an die Behindertendemonstration von 1981: «Es ist seither viel passiert. Aber noch nicht genug.»

In der anschliessenden Podiumsrunde wird deutlich, wie lebendig, klug und oft auch lustig die drei sind. Cornelia antwortet auf die Frage, welches Hindernis sie wegzaubern würde:
«Als wertvoller Mitbürger gesehen zu werden.»

Marius wünscht sich barrierefreie Trams. Julian, wie erwähnt, einen Rollentausch. Und das Publikum hört aufmerksam zu, lacht, nickt, denkt mit.

Regisseur Dieter Gränicher sagt in der Runde: «Es hat mich beeindruckt – und das zeigt der Film gut –, wie viel Energie allein der Alltag braucht.»

Was bleibt: Ein Film, der das Leben mit Behinderung nicht auf Mangel reduziert, sondern auf Stärke, Widerspruch, Würde und das Menschliche im Gemeinsamen.

Marius sagte zum Schluss: «Das Mindset hat sich bei vielen in eine gute Richtung entwickelt.» Dem möchte ich zustimmen. Und gleichzeitig hinzufügen: Lasst uns dranbleiben. Zuhören. Raum schaffen. Und immer wieder sichtbar, hörbar, fühlbar machen, was sonst oft übersehen wird.

von Katharina Kleiser


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